Wochenend-WalkmanDiesmal mit Grouper, Marsimoto und Cuts

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Jeden Samstag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Nicht immer neu, doch immer die Erwähnung wert. Heute mit Grouper, Marsimoto und Cuts.

Grouper Grid of Points Cover

Grouper – Grid of Points

Ji-Hun: Fast vier Jahre sind seit dem letzten Album von Liz Harris vergangen. Damals gab es unter ihrem Alias Grouper eine große künstlerische Neuausrichtung. Liz Harris wandte sich auf „Ruins“ erstmalig dem Klavier als Hauptinstrument zu, und auch „Grid of Points“ ist ein Klavieralbum mit minimalistischen, mysteriösen und zugleich wunderschönen Piano-Songminiaturen geworden. Auf das Wesentlichste reduziert, mit leicht dystopischem Rauschen und eine irritierende und zugleich bestechende Ästhetik ausstrahlend. Eine großartige Künstlerin.

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Marsimito – Verde

Benedikt: Es wurde wahrscheinlich schon genauso viel Rap übers Kiffen geschrieben, wie über Autos, Goldketten, Koks dealen und unser aller Mütter. Deutschraps unangefochtener Meister ist und bleibt dabei Marterias monothematisches, maskiertes Alias Marsimoto. Abseits der großartigen Liveshows war die Maske auf Albumlänge bislang allerdings nur schwerlich auszuhalten. Nun ist das Grün – „Verde“ – auf ganzer Platte zurück und nicht nur trotz dem gewohnten Stimmen-Pitch erstaunlich erträglich, sondern ein großer, kurzweiliger Spaß. Verdrehte Perspektiven, lyrische Sitationskomik, jede Menge schwarz-grüner Humor sind das Schauspiel, das vor einer Kulisse der nicht selten wahren und durchaus auch ernsthaften Hintergedanken stattfindet. So war es mitunter auch schon vorher, doch nie so überzeugend wie hier. Der Wortwitz ist überragend, Features mit u.a. Casper, Audio88 und Trettmann brechen Marterias Zerrstimme angenehm auf, die Beats knallen metallisch wie eh und je. Und jetzt reich’ mal weiter.

Cuts Exist WWalkman 28042018

Cuts – Exist 1 + Exist 2

Thaddeus: Es ist nicht immer ganz einfach, über Filmmusik zu schreiben. Und genau das ist diese Doppel-EP von Anthony Tombling Jr, der nicht nur komponiert, sondern auch Regie führt. „Exist“ ist sein Film, orchestriert mit seinem Sound. Gesehen habe ich die 40 Minuten Bewegtbild, die der Autor selbst als eine „existentielle Reise ins Nichts“ beschreibt, nicht, was vielleicht genau die richtige Herangehensweise ist, sich mit diesen cineastischen Gebilden auseinanderzusetzen. Ein Gemenge aus dichten und melancholischen Atmosphären, immer wieder verwoben mit Vocals und genau der richtigen Portion Kitsch-befreitem Pathos, den man manchmal eben einfach braucht, um überhaupt klar zu kommen in dieser lauten Welt. Einer Welt, die es mit Tombling lange Zeit nicht gut meinte. Nach einem schweren Unfall litt er während der Rekonvaleszenz unter Schlafparalyse: Film und Sound setzen sich mit diesen Erfahrungen auseinander. All das ist nicht weiter wichtig. Die Musik funktioniert auch ohne dieses Hintergrundwissen und bildet letztendlich ein endloses Taumeln durch die Synthesizer ab. Wann diese Reise zu ende geht – bewusst oder unbewusst, gewollt oder gezwungenermaßen – wissen wir nicht.

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Leseliste 29. April 2018 – andere Medien, andere ThemenSade/Thorn, behagliche Erinnerungskultur, OLPC und Humankapital DJ