Sidestream: Vertriebstutorial für aufstrebende Bedroom-ProducerNeuer Podcast blickt hinter die Strukturen der Musikindustrie

Sidestream

Was steht eigentlich im Vorvertrag zwischen Label und Künstler? Auf welcher Basis werden Vorschüsse berechnet? Nach welchen Strategien stellt ein Label seinen Katalog auf? Mit Fragen wie diesen beschäftigt sich der neue Podcast „Sidestream“. Das Filter hat ihn sich angehört.

Carina Fromhertz ist Musikmanagement-Absolventin und Mitarbeiterin beim Metal-Label AFM Records, Malik Aziz singt und spielt Gitarre in der eher unbekannten Metalband Start A Revolution. Im Podcast „Sidestream“ blicken die beiden mit der Lupe auf die Gepflogenheiten der Musikindustrie. Dabei geht es tatsächlich um ganz praktische und formelle Fragen: Welche Verträge gibt es und wie sehen die aus? Wer kümmert sich um Merchandising und wie erfolgt die Budgetplanung? Carina Fromhertz nimmt dabei die erklärende Rolle als Business-Insider ein, während Malik Aziz die Inhalte aus Perspektive des Musikers aufgreift und an den entscheidenden Stellen nachhakt.

Der Podcast geht etwas holperig los. Man merkt, dass die beiden das zum ersten Mal machen, Ähms durchbrechen den Redefluss und Füllwörter werden besser nicht gezählt. Doch es sei ihnen verziehen, denn mit der Zeit kommen sie besser rein, die anfängliche Nervosität bei Carina Fromhertz lässt nach. Auch auf der fachlichen Seite handelt es sich keineswegs um Profis, was die größte Chance und gleichzeitig das größte Risiko der Sendung ist: Beide Moderatoren haben selbst viele Fragen, die das Gespräch beleben und tatsächlich über eine Stunde tragen, die zum Teil aber auch offen bleiben, sobald eine gewisse Tiefe erreicht wurde. Ob letzteres ein Problem ist, wird sich erst mit den nächsten Podcasts zeigen. Im besten Falle werden noch offene Fragen nach Recherche wieder in die Sendung aufgenommen und abschließend beantwortet oder man lädt Experten zu bestimmten Themen in die Sendung. Das Potenzial ist da, die Frage bleibt, ob es genutzt wird.

Carina Fromhertz verrät zwischen den Zeilen - ohne es selbst wirklich zu merken - auch ein paar schöne (und definitiv wahre) Side-Infos aus der Welt der Musikindustrie: Zum Beispiel, wenn sie über die starke Vernetzung und die Kontakte innerhalb der Szene spricht. Ein Schelm, wer dabei auf die Wichtigkeit von Vitamin-B und Kungelei innerhalb der Branche schließt. Oder darüber, dass ein Indie-Label (wie AFM) auf Praktis als billige Arbeitskräfte angewiesen ist.

Was Carina Fromhertz und Malik Aziz mit „Sidestream“ versuchen, ist mutig. Wir hoffen, dass aus der Lupe irgendwann ein Brennglas wird: Indem aus bloßer Wissensaufbereitung plötzlich spitze Fragen in Richtung Musikindustrie gestellt werden und konstruktive Denkansätze entstehen. So könnte sich das Vertriebstutorial für aufstrebende Bedroom-Producer zum branchenrelevanten Medium entwickeln.
Um dem Podcast folgen zu können, werden übrigens keine weitreichenden Metal-Kenntnisse benötigt.

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