Plattenkritik: Moodymann - s/tDetroits Überdon spuckt wieder famos große Töne

Moodymann

Cognac, Hoes und Selbstüberschätzung? Trotzdem geil.

Kenny Dixon Jr., den meisten besser bekannt als Moodymann, gehört zu jener Liga der Detroit-Techno- und House-Elite, die sich heutzutage alles erlauben kann. Beschissen klingende EPs für 20 Euro auf Vinyl? Egal, gekauft. So ziemlich jeder Move wird von der Community mit größter Gier aufgesaugt. Dabei schien sich Kenny Dixon schon immer so ernst zu nehmen, dass er sich offenbar gar nicht mehr ernst nehmen kann. Klingt paradox, hat aber politische Dimension.

Zu dieser oben genannten Liga gehören auch Omar S, Carl Craig oder Theo Parrish. Sie stehen allesamt mit ihren Produktionen und Labels für einen eigenen Ansatz im Dance-Zirkus. Moodymann war vielleicht schon immer der Soulfulste von allen, das beweist er auch auf seinem zehnten Album, das ganz nüchtern einfach mal den Namen „Moodymann“ trägt. 27 Tracks, viele Skits, wenige A-Seiten, Samplemania, Kenny am Mic. Lange waren House, Detroit, HipHop, Funk und Soul auf Albumlänge nicht mehr so dicht dran oder gar verheiratet wie hier. Das macht auch die Qualität dieser Platte aus. Moodymanns vokalen Ergüssen hört man unterdessen sogar gerne zu, ohne das Gefühl zu haben, im Consciousness-Bad ertrinken zu müssen.

Und dann, bei Tracks wie Radio ist es wieder da, diese dystopische Detroit-Energie. Kühl, finster, maschinig, in Moll. Die Platte ist wie ein eklektisch besonnenes, aber zugleich geniales DJ-Set. Vielseitig, neue Kontexte eröffnend. Lana Del Rey auch zu Wort kommen zu lassen, ohne nur eine Sekunde lang zynisch sein zu müssen. Das machen wenige so wie Kenny Dixon Jr. Detroit wird zur Zeit ja wieder hoch gehandelt. Berlin sei durch, nach Polen traut sich keiner so wirklich. In der superbankrotten Motor City entgegnen Hipster und Mikroökonomen dem Leerstand, betreiben Urban Gardening, haben Fixie-Werkstätten und organisieren sich neu. Detroit werde wieder Boomtown, heißt es. Wenn dieser Aufstieg so klingt wie „Moodymann“, könnte das mit der Renaissance eine gute und nachhaltige Angelegenheit werden. Zu wünschen wäre es.

Moodymann, Moodymann, ist auf KDJ erschienen

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