Mix der Woche: Isan – Disc-Course On BeautyExklusiv: Verschollene Tracks, von der Band selbst gemixt

MdW-Isan

Mixe gibt es wie Sand am Meer. Einige sind großartig. Dieser kommt von Anthony Ryan und Robin Seville. Als „Isan“ haben die beiden Briten seit Mitte der 90er-Jahre den Siegeszug der Elektronika entscheidend geprägt. „Disc-Course On Beauty“ vereint Tracks ihrer Karriere, die allesamt digital nicht erhältlich sind. Durch und durch analoge 7“- und Compilation-Klassiker, von vielen gesucht, von vielen vergessen und für noch mehr Menschen komplettes Neuland.

Die Musik von Isan ist fest mit dem 7“-Format verknüpft. So waren die Zeiten damals. In der zweiten Hälfte der 90er-Jahre schossen kleine DIY-Labels weltweit wie Pilze aus dem Boden, allesamt auf der Suche nach der perfekten elektronischen Musik mit Pop-Appeal. Dancefloor-Stücke suchte man hier meist vergebens, die hätten auf Single-Länge ohnehin nicht so gut geklungen. Woche um Woche landeten in den Plattenläden neue 7"s an, mit sympathisch naiv zusammengestückeltem Artwork, obligatorischem Insert und/oder Aufklebern und oft leider zweifelhafter Klang- und Vinyl-Qualität. Das war die Zeit, in der die Schallplatte als ernstzunehmendes Medium auf dem letzten Loch pfiff und Miniatur-Labels die Punk- und Indie-Tradition für elektronischen Plinkerpop nutzten.

Isan waren Teil dieser Szene. Zwar schnappte sich das Berliner Label Morr Music die beiden britischen Gentlemen schnell und nachhaltig und organisierte den Output in Albumform, viele Tracks sind seither jedoch einfach verloren. Die Crux des Digitalen: Auf den Servern der Streaming-Dienste ist kein Platz für obskure 7"s noch obskurerer Labels, deren Macher sich längst vom Traum verabschiedet haben, mit dem Pressen von Schallplatten Geld zu verdienen. Viele Schätze aus dieser Zeit – das gilt für Isan genau wie für zahlreiche andere Bands und Projekte aus dieser Zeit – muss man sich also auf Discogs schießen und dann digitalisieren.

Oder aber man hört als ersten Anhaltspunkt diesen Mix.

Isan Portrait

Foto: Martin Masai Andersen

Das Tolle an „Disc-Course On Beauty“ ist nicht nur die Tatsache, dass man hier viele alte Bekannte trifft, wenn man denn selbst schon so alt ist und damals dabei war. Das Tolle ist vor allem, dass der Mix nicht einfach nur ein Mix ist. Er kontextualisiert Stücke neu, vervollständigt sie mit very charming Samples. Es werden erstmals viele markante Elemente der Stücke prominent platziert und ihr Ursprung so freigegeben.

Das Allertollste ist jedoch die Nachricht, dass Isan noch dieses Jahr ein neues Album veröffentlichen werden. Sechs Jahre hat’s gedauert.

##Tracklisting:

  • Pondlife
  • Eusa's Head
  • Don't Bounce It
  • The Summer Is Ended And We Are Not Yet Saved
  • Gardening, Not Architecture
  • No Op
  • Ghost Voices
  • Evil Jinn
  • Attack Of The Blue Devils
  • Happier With A Hoover

Teilen und Herrschen – Sharing is CaringUnderstanding Digital Capitalism II | Teil 4

Fragmente einer GroßstadtEin alter Hut mit Kampfgeist