Leseliste 18. Oktober 2015 - andere Medien, andere ThemenDrone Papers, Klang im digitalen Alltag, zweimal Vietnam und der dritte Mann

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Verschwommene Bücherei via Shutterstock

Man kann nicht alle interessanten Texte finden, die die ganze Woche über publiziert werden, geschweige denn lesen. Immer sonntags stellt die Redaktion an dieser Stelle vier bemerkenswerte Artikel vor, die über unsere Displays geflimmert sind und dabei zum Glück abgespeichert wurden.

Drone Papers LL 18.10.15

Drone via Shutterstock

##The Drone Papers
Krieg im 21. Jahrhundert zu führen, heißt vor allem Krieg mit Drohnen zu führen und keine Nation hat diese Art der Kriegsführung so forciert und vorangetrieben wie die USA. Die von Laura Poitras, Glenn Greenwald und Jeremy Scahill betriebene Webseite „The Intercept“ hat über einen Whistleblower geheime Dokumente des US-Militärs erhalten, die einen bis dato beispiellosen Einblick in den Drohnenkrieg der Obama-Ära liefern. Diese Dokumente wurden nun in einem umfangreichen Dossier verarbeitet. Unter anderem werden hier die Drohnen-Programme in Somalia, Jemen und Afghanisten dargestellt und analysiert. Glossare verschaffen Durchblick in die chiffrierte Kriegssprache des Militärs und weitere Beiträge erklären die Befehlsketten, die zu den sogenannten „targeted killings“ führen. Essentielles wie brisantes Material.

„This outrageous explosion of watchlisting — of monitoring people and racking and stacking them on lists, assigning them numbers, assigning them ‘baseball cards,’ assigning them death sentences without notice, on a worldwide battlefield — it was, from the very first instance, wrong.“

The Intercept: The Drone Papers

LL-Sounddesign

Sound Design via Shutterstock

##Klingelton 2.0
Skype erfindet sich gerade neu. Nicht neue Features, sondern die klangliche Ausstattung der App wird komplett überarbeitet. Adi Robertson nutzt die Gelegenheit, um sich grundsätzlich mit den Sounds unserer Gadgets auseinanderzusetzen. Welche Bedeutung hat der Klingelton von Skype, bzw. was löst er in Menschen aus, wenn der Computer plötzlich anfängt zu bimmeln? In der Geschichte des PCs gab es zahlreiche Ansätze, bestimmte Aktionen durch Sound zu quittieren und so für das Ohr zu „visualisieren“. Und da wir alle mehr und mehr Zeit mit Computer und Smartphone verbringen, erlangt auch das Sound Design, die kleinen Töne und Melodien, eine immer größere Bedeutung. Wie transportiert man Emotionen in Klängen, die maximal wenige Sekunden lang sind? Und wie wäre es, wenn das gesamte Interface nicht von grafischen Elementen, sondern von Klang bestimmt würde? Apple hat darüber mal nachgedacht, bevor Steve Jobs das Projekt kippte.

„Wenn man Menschen bittet, den Klingelton von Skype zu summen oder zu singen, wird klar: Das geht gar nicht.“

Sound Decision

Vietnam

##Norden und Süden, Osten und Westen
Rund 100.000 Vietnamstämmige Menschen sollen in Deutschland leben, fast die Hälfte in Berlin. Solche Zahlen sind immer schwierig, denn kulturelle Integrations- und Dispersionsprozesse machen eine Grenzziehung schwierig. Gut so. In diesem Falle aber hat das mit der Grenzziehung eine ganz andere Dramatik: Im Zuge der Wiedervereinigung Vietnams flüchteten viele Süd-Vietnamesen (u.a. als „boat people“) in die BRD und nach Westberlin, Arbeitsmigranten aus dem kommunistischen Nordteil und später aus dem ganzen Land gingen im Rahmen der sozialistischen Entwicklungshilfe in die DDR und nach Ostberlin. Viele blieben, auf beiden Seiten. Bis heute gibt es zwei vietnamesische Communitys, die auch in zweiter und dritter Generation nur sehr zaghaft aufeinander zugehen. Sie kennen und verstehen sich so gut wie kaum. Wenn sich Nachfahren vietnamesische Kampf- und Kinderlieder aus zwei Welten vorsingen: ein hörenswertes Feature.

Zweimal Vietnam - eine geteilte Community in Deutschland

##Der dritte Mann
Kennt ihr Michael Collins? Das war der dritte Mann bei der ersten Mondlandung. Der kreiste um den Mond, während die anderen beiden drauf rumhüpfen durften. Kennt ihr Peter Norman? Das war der dritte Mann auf dem oben - sehr treffend - stilisierten Bild von der Siegerehrung der Olympiade 1968. Eigentlich der zweite: Er gewann nämlich Silber. Und Norman war nicht nur Statist dieses politischen Statements: Er wurde eingeweiht, war einverstanden und unterstützte die beiden schwarzen Athleten in ihrem Vorhaben. Nach dem epischen Bild desavouierte ihn sein Land Australien ebenso, wie es die USA mit Smith und Carlos taten. Die beiden sind heute Helden der Menschenrechte; Australien hat sich bei Norman erst 2012 offiziell dafür entschuldigt, ihn trotz Qualifikation nicht zu den Spielen 1972 nach München geschickt zu haben. Eine Geschichte über den zweitschnellsten Mann seiner Zeit.

„I believe in what you believe. Do you have another one of those for me ?” he asked pointing to the Olympic Project for Human Rights badge on the others’ chests. “That way I can show my support in your cause.“

The White Man in That Photo

Wochenend-WalkmanDiesmal mit Phill Niblock, Arovane & Hior Chronik und Selfmade Records

„Sie fallen durch alle Raster“Interview mit Eva-Ruth Wemme über die Roma in Deutschland