Wochenend-WalkmanDiesmal mit Laurel Halo, Jayda G und Deaf Center

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Jeden Samstag haben wir drei Platten für euch – zumeist drei Tipps, mindestens aber drei Meinungen. Nicht immer neu, doch immer die Erwähnung wert. Heute mit Laurel Halo, Jayda G und Deaf Center.

laurel halo dj kicks walkman

Laurel Halo – DJ Kicks

Benedikt: Mensch, wie ich das vermisst habe. Der erste kommerzielle DJ-Mix von Laurel Halo entpuppt sich als wahres Techno-Abenteuer. 29 Tracks hat die Produzentin und DJ in die eine Stunde gepresst, die für eine Ausgabe von DJ-Kicks klassischerweise offeriert wird. Mein Verhältnis zu Halos Platten war stets ein zwiespältiges. „[Dust]“ (Mitte 2017, Hyperdub) fand ich großartig, die anderen eher schwierig. Schwierig ist dieser DJ-Mix hingegen nur für jene, die entweder die auf den meisten Tanzflächen proklamierte Gleichförmigkeit oder gänzliche Abstinenz der Club-Tauglichkeit erwarten – was sich für DJ-Kicks ja ebenfalls geziemt. Nicht jedoch für Laurel Halo: Sie wirft ihre Hörer ins Zentrum des Dancefloors, nur um sie diesem kaum eine Minute später wieder zu entreißen. Entreißen trifft es gut – ein nahezu gewaltsamer Akt, den man jedoch gern über sich ergehen lässt, allein um zu erfahren, wo man anschließend wieder ankommt. Vorher weiß man es nie. Und genau daraus schöpft sich die treibende Energie dieses Mixes. Wenn „Dust“ für mich weiterhin als bestes Album von Laurel Halo durchgeht – eine Einschätzung, die vielleicht mal wieder auf den Prüfstand gehört – dann geht dieser Mix für mich locker als einer der besten der DJ-Kicks-Serie durch. Zumal er dank seiner Fülle beim nächsten Hören mit Sicherheit wieder ganz anders klingt.

Jayda G Significant Changes Cover

Jayda G – Significant Changes

Ji-Hun: Die aus Vancouver stammende DJ und Produzentin Jayda G könnte so etwas wie der Star der Saison im DJ-Business werden. Vielleicht ein bisschen das, was Amelie Lens und Peggy Gou im letzten Jahr gewesen sind und Black Madonna und Nina Kraviz natürlich einige Jahre davor schon als Role Model vorgemacht haben. 2016 zog Jayda nach Berlin und hat nun ihr erstes Album „Significant Changes“auf Ninja Tune herausgebracht. Ninja Tune scheint mit weiblichen Club-Producerinnen eine bislang für das Label recht ungewohnte Nische konsequent zu besetzen. Die großartige Marie Davidson, aber eben auch Peggy Gou gehörten zu den letzten „Entdeckungen“ des Labels. Dabei legt Jayda G nicht den Fokus auf Bigroom wie Lens, ist nicht so käsig-folkloristisch wie Gou, sondern macht ihre Sache sehr classy, soulful und mit einem konstant-reduzierten Approach, das bei aller Euphorie etwas Minimalistisches, latent Abstrahierendes, aber auch den Vibe von ausschweifenden Vogueing-Partys in sich trägt. Der Booking-Kalender wird für dieses Jahr immer voller. Die Festivals reißen sich um die Kanadierin. Bleibt zu hoffen, dass sie mit wachsender Größe ihre musikalisch sympathische Attitude nicht verliert und vor allem das Musik machen nicht vergisst. Das passiert gefeierten DJ-Superstars ja bekanntlich leider viel zu häufig.

Deaf Center Low Distance

Deaf Center – Low Distance

Thaddeus: Als 2004 die „Neon City EP“ von Deaf Center erschien, war die Welt danach eine andere. Wo kam diese Musik denn plötzlich her? Wer waren die beiden Norweger Erik Skodvin und Otto A. Totland, und was war das schon wieder ein für ein neues Label, auf dem die Platte veröffentlicht wurde? Mittlerweile sind die Zeichen gesetzt. Otto hat mit seinen Piano-Platten nachdrücklich Eindruck hinterlassen, Erik mit seinem ambitionierten Sound Design und seinem eigenen Label Miasmah. „Low Distance“ ist ihr fünftes gemeinsames Album – acht Jahre herrschte abseits einer konzeptuellen EP Funkstille. Das aber nur nebenbei: Zeit spielt im Kosmos von Deaf Center ohnehin eine untergeordnete Rolle. Hier ist es still, oft schön und nur manchmal ein bisschen unheimlich. Beide hören einander gut zu, finden sofort eine gemeinsame Sprache, die sie so bislang noch nicht kompositorisch niedergeschrieben hatte. Ottos Klavier wirkt dabei weniger auf sich selbst angewiesen, weniger räumlich, sondern vielmehr eingepackt in die abstrakten und oft unverhohlen brummenden Klanggebilde von Erik, die mitunter auch eher Klanggebirgen ähneln. Das kann mal vorsichtig rhythmisch sein, mal angemessen blass und dräuend, mal präzise detailliert, mal bewusst verwaschen – prätentiös ist es nie. In dieser sperrigen Leere pulst eine mitreißende Deepness.

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