Leseliste: 8. Februar 2015 - andere Medien, andere ThemenTote Blogs, Medien kuratieren, der Löwe vom Sindschar und Gin Tonic

Leseliste-Februar2015

Man kann nicht alle interessanten Texte, die die ganze Woche über publiziert werden, finden, geschweige denn lesen. Immer sonntags stellt die Redaktion an dieser Stelle vier bemerkenswerte Artikel vor, die über unsere Displays geflimmert sind und dabei zum Glück abgespeichert wurden.

Wenn der Blog offline geht 4x4

Bild: Dribbble

##Wenn der Blog offline geht

Wer schreibt, der bleibt. Guter Sager, nichts dahinter, vor allem, wer online publiziert. Carter Maness hat das am eigenen Leib erfahren. Jahrelang hat er über Musik geschrieben, für die unterschiedlichsten Redaktionen, auch für AOLs Online-Plattformen. Die wurden irgendwann abgeschaltet, mit anderen Marken verschmolzen und schließlich Teil des digitalen Friedhofs mit abgeschalteten Servern. Was bedeutet das für das eigene Portfolio? Wenn man plötzlich seine eigene Qualifikation nicht mehr mit veröffentlichten Texten nachweisen kann? Die einen fordern das „Digitale Vergessen“, andere sind ihm einfach ausgesetzt.

„Was bleibt, wenn der Cache gelöscht wird?“

All My Blogs Are Dead

Kurator-neu

Foto: Medien via Shutterstock

##Medien kuratieren
„Kuratieren“, das ist ein catchiges Wort. So, wie „crafted“ irgendwie sexier klingt als „hergestellt“, klingt „kuratiert“ besser als „redigiert“. Den Alleinanspruch auf dieses, haha, gepflegte Wort hat die Kunst- und Kulturbranche verloren, heute werden auch Medien kuratiert. Was das genau heißt, versucht Wolfgang Michal zu erörtern: Medien kuratieren, das ist aus seiner Sicht nicht nur ein neuer Begriff für das, was Medien immer schon getan haben - redaktionelle Arbeit leisten -, sondern auch für eine Kompetenz- und Hierarchieverschiebung: Heute sprechen in den klassischen Verlagshäusern immer mehr redaktionsfremde Menschen als so genannte „Kuratoren“, während die Redaktionen immer mehr zusammengestaucht werden und die inhaltliche Eigenständigkeit des Mediums über den Deister geht.

Noch bevor die Redakteure in ihren Redaktionen eintreffen, hat der Verlagsmanager schon gepostet (also kuratiert), was heute gelesen werden sollte, was wichtig wird, was Furore machen könnte.

Wie das Kuratieren den Journalismus verändert

gintonic

Foto: Gin Tonic via Shutterstock

##Der neue Wodka-Energy
War irgendwie klar, dass die Vice sich irgendwann des Trendgetränks Gin & Tonic verballhornend annehmen würde. Fair enough: Der Text ist ganz gut. So gut wie ein Broker´s Gin mit (Name der Redaktion bekannt) Tonic. Gin & Tonic: Ein Drink, der so unterkomplex ist, dass gefühlt jeder einer Meinung dazu hat (wer hat das schon beim Sazerac?) und so mancher sich nach Lesen des Bahnmagazins selbst zum Experten für mondpreisige Exemplare aus dem Schwarzwald oder der Saarregion erhoben fühlt. Der Unterschied zur Discoschorle: Über deren geschmackliche Nuancen kann man nicht sprechen, es gibt keine. Insofern: Text lesen, Infos aufschnappen und mitreden. Und dem nächsten Partygast, der meint, Gin & Tonic sei 2013 und Vermouth sei der neue heiße Scheiß, die doppelt gefrosteten Eiswürfel in den Ausschnitt gießen. Und dann gut schütteln.

Anstrengend wird es nur, wenn aus enthusiastischen Genießern Bildungstrinker werden und aus Bildungstrinkern Nazis.

Ist Gin Tonic der neue Wodka-Energy?

Tempel der Jesiden

Jesidisches Heiligtum Çêl Mêra auf dem gleichnamigen Gipfel des Dschabal Sindschar, von Danpanic77 at en.wikipedia [GFDL oder CC-BY-SA-3.0], vom Wikimedia Commons

##Ein junger Mensch zieht in den Krieg
Adnan kommt aus Bad Oeynhausen. Er mag Beethoven und sein Lieblingsfilm ist „The Big Lebowski“. Doch Adnan ist Jeside, sein Volk wird vom IS verfolgt - viele wurden bereits getötet. Seinen Vater nennen sie den „Löwen von Sinschar“, denn er führt den Kampf gegen den IS am Berg Dschabal Sindschar an. Adnan fliegt hin, in Jeans und mit einer Jacke von Intersport zieht er in den Krieg. Für die meisten erscheint der IS immer noch weit weg, für viele - auch Deutsche - ist er ganz nah. Eine bewegende Reportage von Jonathan Stock für den Spiegel.

In der Ferne knallt ein Schuss. (…) Haydar redet weiter, als hätte das Telefon geklingelt. Der Feind, sagt er zu Adnan, sei nicht ihr Feind, sondern der Feind der ganzen Welt.

Die Löwen vom Sindschar

„Taxi“: Hier fährt der Chef noch selbstBerlinale Wettbewerb 2015

Lange Beine und Haare im Wind„Knight of Cups“: Sinnsuche in Hollywood