Leseliste 02. September 2018 – andere Medien, andere ThemenRevolution von rechts, Viagra, Kündigung auf Japanisch und der ROM-Tod

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Jede Woche liest die Redaktion das Internet leer, um sonntäglich vier Lesestücke empfehlen zu können. Artikel, die interessant, relevant oder gar beides sind – und zum Glück abgespeichert wurden.

Revolution von rechts?

Spätestens nach den Hetzjagden und anderen rechtsextremen Übergriffen in Chemnitz, muss der Rechtsextremismus neu verhandelt werden. Es ist kein Rechtsruck, keine kurze, wieder vorbeigehende Windfähnigkeit der bürgerlichen Mitte. Die Rechte fungiert in Deutschland seit vielen Jahren mit System und arbeitet an nichts anderem als einem großen Systemsturz. Ob nun Björn Höcke oder viele andere Protaganisten, die der Rechten zugehörig aber sonst in der Polizei, in Gerichten, Schulen oder Ämtern tätig sind. Die Sprache sollte ernst genommen werden. Der Sozialwissenschaftler und Autor Marcel Tschekow hat für Ada versucht, die verfilzte Situation zu durchleuchten.

„Es ist alles andere als ein Zufall, dass die Argumentationen der Rechtsextremen dabei stets auf das angebliche Staatsversagen in der Migrationsfrage hinauslaufen. Auf diese Weise wird ein Zustand imaginiert, in dem Notwehr angewendet werden kann. In der Notwehr liegt die einzige Ausübung von Gewalt, die im Rechtssystem nicht unter Strafe steht. Auf diese Weise liefert die Notwehr die intellektuelle Rechtfertigung der offen praktizierten rassistischen Selbstjustiz. Einen Vorboten davon, was dies bedeutet und uns künftig erwarten könnte, liefern die rassistischen Hetzjagden in Chemnitz.“

Revolution von rechts?

20 Jahre Viagra

Happy Birthday Viagra! Vor zwanzig Jahren brachte der Pharmakonzern Pfizer die berühmte „Dick Pill“ auf den Markt. Dass die kleine, blaue, rautenförmige Pille den Grundstein für ein Business legen sollte, das heute mit einem jährlichen Handelsvolumen von rund drei Milliarden Dollar Männern auf der ganzen Welt zur Erektion verhilft, hat damals niemand geahnt. Ganz im Gegenteil: Die Entwicklung und Einführung von Viagra war ein auf mehreren Ebenen schwieriges Unterfangen. David Kushner erzählt im Esquire die spannende und amüsante Entstehungsgeschichte. Im gleichen Magazin erschien 1998 auch die erste Werbung für die Sofort-Hilfe bei Impotenz bzw.: Erektionsstörung.

„They needed to come up with something better than impotence. Viagra’s medical team came back with just the fix: erectile dysfunction. It was perfect, they thought. “Impotence makes you feel like you did it to yourself,” as Nelson puts it. “Erectile dysfunction feels like it’s happening to you.“

How Viagra Went from a Medical Mistake to a $3-Billion-Dollar-a-Year Industry

Exit Inc.

Andere Länder, andere Sitten: Die japanische Arbeitswelt gilt als stressig und unerbittlich. Lange Tage, viele Überstunden, kaum Freizeit. Dabei ist im Arbeitsmarkt relativ wenig Bewegung. Wer einen Job hat, behält ihn – ganz egal, wie schlecht es einem damit geht. Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schuften so bis zur Erschöpfung. Sie würden zwar gerne kündigen, scheuen aber die Konfrontation mit ihren Vorgesetzten. An dieser Stelle kommt Senshi S LLC ins Spiel. Das Startup übernimmt auf Wunsch und gegen eine nicht unerhebliche Gebühr die Kommunikation zwischen Angestellten und Arbeitgebern: diskret und mit Nachdruck. So muss der Kündigende im Idealfall nicht noch einmal an seinen Arbeitsplatz zurückkehren, um seine persönlichen Gegenstände abzuholen. Der Service – „Exit“ – wird vollständig online abgewickelt und ist ausgesprochen erfolgreich. Investoren haben Interesse, es gibt erste Nachahmer, und die beiden Gründer denken bereits darüber nach zu expandieren. Wenn man Kündigungen so organisieren kann, dann doch bestimmt auch die Suche nach einem neuen Job? Ein faszinierender Blick in die kulturellen Verwerfungen Japans.

„Some employers are surprised that a job like ours exists.“

Startup takes stress out of fed-up workers’ exit plans

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Retro in Gefahr

Juristisch ist es klar: Nintendo gehört ein Großteil der alten Computer- und Konsolenspiele, die auf Retrogame-Seiten zum Download angeboten werden, und kann die Seiteninhaber zum Entfernen zwingen. Was Nintendo, am Vorabend des Launchs seines kommerziellen Angebots Switch Online auch tut, denn dort wird man den Abonnenten auch Spiele der Achtziger- bis Nullerjahre offerieren. Das ist aber eben nur die eine Seite. Die andere: Viele der Seiten, die nun ihre Rollläden runterlassen müssen, haben auch dafür gesorgt, dass alte Spiele, inklusive nie marktreif gewordener, heute noch zugänglich sind. Und in diesem Zuge auch, dass ganze nachfolgende Entwickler-Generationen überhaupt wissen, wie das damals war mit der Vektorgrafik. Wem gehören die Daten: Games als Produkt vs. Games als Kulturgut.

„If Nintendo wants to have a ROM site taken down, it can. The question then, is what could Nintendo do to protect its copyrights while not obliterating the community its most devoted fans rely on?“

Nintendo's Offensive, Tragic, and Totally Legal Erasure of ROM Sites

Wochenend-WalkmanDiesmal mit Blue Chemise, Studio Barnhus und Slime

Wie man zum wahren Whiskykenner wirdWerbung: Das Filter verlost 2 Jahresmitgliedschaften in der Scotch Malt Whisky Society