Water Works – Geschichten aus Südafrikas WasserkriseTeil 5 | Smart Cities

Water Works 5 Langebaan lede

West Coast National Park

Was hat Stadtplanung mit langfristiger Wasserversorgung zu tun? Julia Kausch hat sich schlau gemacht und mit Dr. Kirsty Carden gesprochen, der Forschungskoordinatorin am Future Water Institute. Sie versucht mit interdisziplinärer Forschung neue Ansätze für die Zukunft Südafrikas zu liefern Zwischen Überfluss und selbst gemachtem Mangel lässt sich viel lernen von anderen Ländern.

Wasser ist ein kostbares und endliches Gut. Wie kostbar es wirklich ist, lässt sich mittlerweile auch hierzulande ob des dramatischen Klimawandels immer mehr erahnen. Wasserknappheit ist schon lange kein Problem mehr, das wir als wohlstandsverwöhnte Europäer ignorieren können. Andere Regionen sind noch schlechter dran. Ab 2015 sah sich die südafrikanische Provinz Westkap mit einer dramatischen Situation konfrontiert: Dürre und Trockenheit ließen die Wasserreserven der Region gefährlich schwinden. Anfang 2018 schließlich wurden die Szenarien für den „Day Zero“ veröffentlicht, dem Tag, an dem das Wasser aufgebraucht sein würde. Genau in dieser Zeit fuhr Filter-Autorin Julia Kausch nach Südafrika. Um das Land kennenzulernen, vor allem aber auch, um zu surfen und sich dem Wasser der Ozeane kompromisslos auszusetzen. In ihrer Artikel-Serie „Water Works“ erzählt sie Geschichten rund um das Wasser in Südafrika. Episodisch und reportierend setzt sich so Stück für Stück oder Welle für Welle das Bild einer Krise zusammen, die von weit mehr abhängig ist als vom resourcenschonenden Umgang und der Hoffnung auf Regen.

Garten-Breaker

„Einst gab es einen Ort erstaunlicher Schönheit, an welchem die Erde mit verschwenderischer Ungehemmtheit gesegnet war. Der reiche, schwarze Boden wimmelte von Leben; voll mit Bakterien, Pilzen, Milben und Regenwürmern, die den Boden aufwühlten und fruchtbares Flachland bereitstellten.“

Water Research Commission, SP 120/19 – Water Resilient Cities, S. 7

Ein kleiner Kanal mäandert durch das üppige Feuchtgebiet inmitten von Century City. Garten Eden? Was für mich ob anliegender gated communities, denen es doch stets zu entfliehen gilt und zu welchen der Zutritt wie die Grenzüberschreitung von Mexiko in die USA gleicht, die Hölle auf Erden zitiert, hat am Intaka Island eine paradiesische Leerstelle gelassen. Noch vor dem Hochziehen der zwei Meter hohen Mauern ab 1997 in Century City wurde das 16 Hektar große Feuchtgebiet aufgepäppelt und bietet nun ein Zuhause für 200 Tier- und Pflanzenarten. Seine in unterschiedlichen Grünschattierungen den Kanalwindungen folgende Flora reinigt den durch ihn hindurchfließenden Kanal: Natur in Symbiose. Jeden Tag renne ich nach der Arbeit, jahreszeitenabhängig zum Sonnenuntergang, am Wasser entlang, über kleine Holzbrücken, moosige Pflaster- und Kieselsteine. Eine flache Strecke, hier und da geht es auf und ab. Bis heute ist es mir nicht gelungen, den Namen des Kanals rauszufinden, obgleich mir die Strecke so vertraut ist. Unterschiedliche Reiherarten gleiten über die Wasseroberfläche, die ruhig in der Abendsonne glitzert. Die Intaka-Insel steht in paradiesischem Kontrast zur künstlich angelegten Betonstadt, deren elektrische Zäune und des einst größten Einkaufszentrums der Südhemisphäre: Canal Walk. Der Kanal und das umliegende Biotop als gedanklicher Fluchtpunkt der Betonhölle.

Wasser zieht sich wie ein roter Faden durch die Kulturen und Weltreligionen: Wasser zu Wein, Tauf- und Reinigungszeremonien im Jordan, Ganges oder einfach mit handelsüblichem Weihwasser. Bei den Griechen und Römern bilden Meer und Seefahrt den soziokulturellen Kern des damaligen Erfolgsrezepts, wobei die damit zusammenhängenden Naturgewalten gleichermaßen mit Göttern besetzt wurden, um sie mit Opfergaben bändigen oder doch zumindest beeinflussen zu können. Natürlich waren sie damit nicht allein. Der Nil bildete die Lebensader Ägyptens, ja Afrikas, dessen Quelle noch heute umstritten ist (Victoriasee?). Er bot fruchtbaren Boden und damit einhergehenden Reichtum, wann immer der Fluss über die Ufer trat, ohne dabei seine ganze zerstörerische Kraft zu entfalten. Das Gegenteil drohte, wenn die tragreichen Fluten des Flusses ausblieben. Auch hier waren die Götter nicht weit, wenn es darum ging, das Unerklärliche vermeintlich greifbar zu machen. Strukturell war es natürlich sinnvoll, Wasser sowohl als Ressource, als auch als Handelsweg zu nutzen. Doch scheint diese einst so universal angewandte Logik unter neuer Verkehrsinfrastruktur in Vergessenheit geraten zu sein. Wasser als verbindendes Element ist heute grauem Asphalt gewichen.

Die Zukunft des Wassers

Es regnet an diesem Dienstagmorgen und es ist für den südhemisphärischen Frühsommer verhältnismäßig kalt. Ich parke und trete direkt in eine tiefe Pfütze; der Straßenbelag wurde von den darunter liegenden Wurzeln aufgebrochen, sodass sich die einst ebene Fläche an manchen Stellen erhaben aufbäumt, an anderen tief einfällt. Zutritt zum Engineering Department der University of Cape Town zu erhalten, stellt sich schwieriger dar als gedacht. Ein Professor buzzt mich schließlich herein, durch drei Türen hindurch – auch hier: Hochsicherheitstrakt als Schutzmaßnahme. Dr. Kirsty Carden, die leitende Forschungsbeauftragte des Instituts für Bauingenieurwesen und Forschungskoordinatorin am Future Water Institute, lächelt mir freundlich entgegen, als ich vorsichtig an ihre Tür klopfe. Future Water versteht sich als interdisziplinäres Institut, das seit drei Jahren in Zusammenarbeit verschiedener Fakultäten Lösungsansätze rund um das Thema Wasser sucht: Ingenieurs-, Human- und Naturwissenschaft sowie Handel und das Gesundheitswesen sind darunter vertreten.

„Wir beginnen Städte um Wasser herum zu designen, anstatt der klassischen Stadtplanung zu folgen, die sich an Straßennetzwerken orientiert.“

Die Kernarbeit drehe sich um Wasser im weitesten Sinne. Die Thematik wird kollektiv aus individuellen Projekten in neuen Arbeits- und Forschungsansätzen zu verbinden gesucht. „Dabei sehen wir vor allem sozial inspirierte Forschung: Kunsträume, Ethnographien, Veränderungen im Verhalten und Umgang mit Wasser, wirtschaftliche Ansätze sowie Gesundheitswesen. Wissenschaft und Engineering bilden den Ausgangspunkt, um auf das hinzuarbeiten, was wir regenerative Wasserzukunft nennen.“ Wasser scheint in Südafrika omnipräsent und doch nur spärlich vorhanden zu sein. Das Meer umgibt die Stadt als ewige Quelle der Beruhigung, konstanter Begleiter, dass doch alles gut wird, das Leben wie die Gezeiten ein- und ausfließt. Die zwei Meere – atlantischer und indischer Ozean – bilden vor allem von weit oben und in 360-Grad-Ansicht das allumfassende Element.

„Der letzte Winter lag unter dem saisonalen Niederschlagsdurchschnitt. Betrachtet man Niederschlagszahlen der letzten 100 Jahre, wird klar, dass die letzten fünf Jahre die niedrigsten Regenfälle verzeichneten.“

Doch die Dürre sei nicht überstanden: „Der letzte Winter lag unter dem saisonalen Niederschlagsdurchschnitt. Betrachtet man Niederschlagszahlen der letzten 100 Jahre, wird klar, dass die letzten fünf Jahre die niedrigsten Regenfälle verzeichneten“, erklärt Dr. Carden und setzt nach: „Der einzige Grund, warum die Dämme momentan voller zu sein scheinen, ist, dass nur halb soviel Wasser genutzt wurde wie üblich. Aber der Verbrauch wird anziehen, sobald die Bevölkerung der Thematik wieder entspannter gegenübersteht.“ Kapstadt blickt jedem Winter mit Argwohn entgegen; bleibt der Regen aus, wird sich das Westkap wieder in einer ganz ähnlichen Situation wiederfinden. Wie bereits Dylan Blake von Umvoto Africa erklärte (siehe Water Works Teil 3), sei das Westkap auf ständiger Suche nach neuen Wasserressourcen und Möglichkeiten, der stets in der Ferne leuchtenden Wasserknappheit nachhaltig entgegenzuwirken. In vielen Regionen Südafrikas müsse Wasser aus Lesotho oder aber Angola organisiert werden. Grundwasser, Entsalzungsanlagen und Wasseraufbereitung seien Kernfragen im Diskurs um Wasser. Dieses müsse oberste Priorität in den Köpfen der Gesellschaft haben, so Dr. Carden. Kapstadt steht hier als Worst-Case-Szenario, welches es zu verhindern gilt. Das Ende der Krise? Wohl kaum. „Wir haben es dennoch nicht geschafft, mehr Wasser in die Rohre zu bekommen, sondern mussten zunächst zusehen, dass kein Wasser vergeudet wird.“ In Ländern wie Singapur oder Dänemark seien Wasserverluste um fünf Prozent eine riesige Zahl, gerade in der Lokalpolitik. Südafrika, auf der anderen Seite, verzeichne in manchen kleineren Provinzen Verluste um 80 Prozent. Hinzu kämen fehlende Kenntnisse, schlechte Infrastruktur oder fehlerhafte Netzwerke, die einer effizienten Wassernutzung entgegenstünden. Und natürlich nie zu vergessen: Korruption.

Water Works 5 - Blouberg

Blouberg-Strand

I Follow River

Das Zweistromland Mesopotamiens am Euphrat und Tigris bot eine Quelle für Leben in der Trockenheit sowie Transportmöglichkeiten für Babylonier, Assyrer, Sumerer. Wasser steht seit jeher im Zentrum kultureller und wirtschaftlicher Entwicklung. In ihm und um es herum wird sowohl Krieg als auch Handel ausgetragen, die Landkarte lokal und regional, seit der Kolonialisierung und Kartographierung der Welt auch global verknüpft. Euphrat (in der Genesis Perat) und Tigris (Chidekel) bilden neben Pischon (ob es sich um den Nil oder aber Ganges handelt, ist nicht ganz klar) und Gihon (wohlmöglich der Blaue Nil in Äthiopien oder aber der Aras-Fluss Vorderasiens) zwei der vier Flüsse des Paradieses. Peter Paul Rubens gleichnamiges Gemälde „Die Vier Flüsse des Paradieses“ aus dem Jahr 1615 zeigt die anthropomorphische Darstellung der vier Hauptströme, kontinental, vor allem aber durch Wasser verknüpft (Australien war damals noch nicht entdeckt): „Etwas erhöht sitzen einander Europa links, begleitet vom Flussgott der Donau, und Asien rechts mit dem Ganges gegenüber. Im Hintergrund ruht der Kontinent Amerika mit dem Rio de la Plata. Der Nil umarmt die schwarze Schönheit Afrika”, schreibt das Kunsthistorische Museum Wien. Die vier bis dahin bekannten Weltteile sind relaxt wie an einem heißen Nachmittag am Strand zu sehen und die vier Flüsse des Garten Edens; allegorische Aufladung durch Tiger, Krokodile, blonde Engel inklusive. Kaum verwunderlich, dass auch Alexander der Große der Legende nach im 4. Jahrhundert auf einem im Paradies entsprungenen Fluss angeschippert kam. Von wo genau? Laut Google liege das Paradies nur etwa 32 Grad südlich Jerusalems. Oder aber auf dem Berg Meru, wenn es nach den Hindus geht. Auch Columbus folgte, so heißt es, der heißen Spur zum Paradies. Was, wie die Suche nach einer Seeroute nach Indien, in der Neuen Welt endete.

Die Arbeit des Future Water Institute scheint die Suche des metaphorischen Paradieses, dem Wasser folgend, fast zu zitieren. Wasser bilde immer den Ausgangspunkt, so Dr. Carden, um seine zielgerichtete und nachhaltige Nutzung, Widerstandsfähigkeit und damit die Hoffnung der verbesserten Lebensqualität aller zu gewährleisten. Wasserempfindliches Design, nachhaltige Abwasserkanäle, zirkuläre Wirtschaft und industrielle Ökologie wie Wiederverwendung, Wiederaufbereitung und Ressourcenerfassung bilden den Rahmen. „Ich forsche vor allem an Grauwasser-Management und arbeite an gemeinschaftlichem Engagement, um praxisbezogene Communitys zu formen: Wie können Forschungsergebnisse verbreitet und daraus neue Richtlinien generiert werden, um traditionelle Wasserhaushaltung neu zu denken?“ Dennoch sei ihre Arbeit nicht Gemeindebezogen, sondern befasse sich auf höherer Ebene mit der Thematik: Zusammenarbeit mit Interessenvertretern, in Politikgestaltung und ordnungspolitischen Fragen rundum Wasser. „Ich arbeite mit Gemeinden und der nationalen Regierung zusammen, um neue Richtlinien zu schreiben. Water Sensitive Design beginnt damit, Wasser im urbanen Raum zu verstehen. Städte mit blau-grüner Infrastruktur, also Flüsse und grüne Infrastrukturoptionen, Bodensenken, Biofiltrationszellen; all dies sind Möglichkeiten, Wasser durch Städte zu bewegen.“

Idealerweise gibt es grüne Dächer, grüne Wände, urbane Landwirtschaft, welche recyceltes Wasser nutzt und so Versickerung ermöglicht. In enger Zusammenarbeit mit der City of Cape Town konzipiert Dr. Carden für ihr Institut eine Water Sensitive City. „Oft beinhaltet dies, in Komitees zu sitzen oder als Mitglied der Referenzgruppe bereitzustehen. Future Water ist zum Beispiel im „Section 80 Committee“ vertreten, welches im Zuge der Dürre gestartet wurde und nun zu einem weitgreifendem Wasserresilienz-Komitee gewachsen ist. So sind wir in direktem Austausch mit Politikschaffenden.“ Die klassische grüne und nachhaltige Infrastruktur-Options-Utopie, in der das urbane Leben optimal durchdesignt ist: Metropolisträume von Vertical Farming an Hauswänden, auf Hochhausdächern und schwebende Parkanlagen, welche die Städte in leuchtendem Grün erstrahlen lassen. Dadurch würden Menschen miteinander verbunden und Städte selbst als Auffangbecken für Niederschlag wirksam, ohne diesen nur abzuleiten wie bisher. Diese Multifunktionalität schafft im Umkehrschluss Temperaturregulierung durch Grünflächen, die aktiv dem Klimawandel entgegenwirken.

Water Works 5 - Blouberg 02

Blouberg

Fountain of Youth

Etwa zehn Kilometer den Ozean entlang, die Küste Kapstadts hinauf, finde ich mich mit meiner Nachbarin am Blouberg-Strand wieder. Table View, für mich quasi der Wurmfortsatz Century Citys, wobei der Blick auf den Tafelberg die eher öde Tristesse der Örtlichkeit schnell vergessen lässt. Und dann ist da natürlich das Meer, an dieser Seite Kapstadts der Atlantik. Vor ihm – dem Tafelberg – sind rund 100 Kites aufgespannt, an deren Enden, je nach Wind, in diagonaler Schräge darunter, kleine Menschen erkennbar sind, die auf ihren Boards und vom Wind angetrieben die Wellen reiten. Manchmal schweben sie meterweit über dem Wasser, sobald das Kite vom Wind Auftrieb bekommt. „Red Bull King of the Air“ ist auf dem Turm zu meiner Linken zu lesen, der entlang des Strips aufgebaut wurde. Kiten funktioniert hier in den windigen nördlichen Vororten gerade in den Sommermonaten besonders gut – Südostwind sei Dank. Ein ähnliches Bild findet sich im Sommer fast täglich in Langebaan, das weiter die Küste hinauf liegt und von atemberaubenden Nationalparks umgeben ist.

Der Hawaiianer Jesse Richman, so erfahren wir später, hat gewonnen. 34 Heats (also Gruppen, in denen gesurft wird) und sieben Stunden später, wir haben den Überblick, wer da unter welchem Kite hängt, völlig verloren. Auch wenn der 27-jährige Richman sicherlich keinen Jungbrunnen benötigt, fragen meine Nachbarin und ich uns hinter vorgehaltener Hand, ob das Forever-Young-Gefühl einschlägiger Athlet*innen der Sportlichkeit zuzuschreiben sei oder aber doch dem Wasser, in welches sie täglich eintauchen? Vielleicht schafft die Kombination den perfekten Nährboden des Cowabunga-Dude-Lifestyles, der jeder Falte den Kampf ansagt. Die Suche nach der Fountain of Youth, ewiger Jugend, Macht und dem Leben im Paradies, ja der Unsterblichkeit, ist unwiderruflich mit Gewässern verbunden. Auch Ponce de León, der Columbus auf seiner zweiten Reise in die Neue Welt begleitete, soll auf der Suche nach dem Jungbrunnen gewesen sein, um seine Impotenz zu überwinden. Wo dieser liegt? Zwischen Florida und den Bahamas sind so einige Treffer dabei. Meint die Fountain of Youth vielleicht einfach nur Wasser als solches? Und: Ist die „Wasser aus dem Hahn immer und überall“-Logik für die vermeintliche Selbstverständlichkeit der Ressource verantwortlich, sodass seine Universalkraft ins Jenseits potenziert werden musste?

Vor allem in Südafrika finden Sportveranstaltungen, privat oder öffentlich, um das kühle Nass herum statt: Läufe, Triathlons am Theewaterskloofdamm und Surfwettbewerbe. Dieses Jahr sollte sogar die Weltsegelregatta in Kapstadt laufen. Und natürlich sind da wöchentliche Trailruns, oftmals auf umliegenden Wine Farms. Durchs Ziel gelaufen? Neben Medaille gibt es selbstverständlich auch eine Flasche Wein, die nach körperlicher Aktivität gleich mit doppelter Kraft einschlägt. Wasser zu Wein, die Wine Farm also logisch als Wateringhole weitergedacht. Wasserlöcher scheinen Leben um sich zu scharen. Das Wasserloch als sozialer Treffpunkt; gesoffen wird natürlich auch. Rund 700 Kilometer östlich von Kapstadt liegt Jeffreys Bay, das Surferparadies am Eastern Cape Südafrikas, an welchem jährlich das Surfevent „Corona Open“ stattfindet. Kelly Slater, Gesundheitsguru und Paradebeispiel der nicht altern wollenden Wassersportaffinen, holte hier seit 1996 viermal den Sieg. Ist Wasser also der heiliger Gral? Zumindest aber das Lebenselixier, ohne welches Leben als solches (soweit bisher bekannt) nicht existieren kann.

„ Es geht vor allem darum, wassersensitives Design zu schaffen.“

China und Indien seien in Sachen Wasser-Resilienz derzeitiger Vorreiter, erklärt Dr. Carden. Sogenannte Sponge Cities leiten Niederschläge optimal ab und füttern diese nach Aufbereitung in das Wassersystem ein. In Shanghais Bezirk Pudong finden sich so Dachgärten, Feuchtgebiete und Farming direkt im Stadtzentrum. Temperaturregulierung, Wassermanagement und die Verbesserung von Luft- und Lebensqualität sind tief mit Stadtplanung verwoben. „Neue Richtlinien und politische Maßnahmen bieten gerade in Ballungsräumen Chancen, wassersensitive Technologien in die Stadtplanung einzuarbeiten. Auch Singapur ist ein tolles Beispiel für den Rest der Welt, wenn es um die Diversifizierung der Ressourcen geht und darum, wie die Umwelt in die Stadtplanung integriert werden kann. Dort ist man sehr bedacht darauf, jeden Tropfen Wasser, der auf die Stadt fällt, durch eine grüne Infrastruktur aufzufangen und zu filtern, bevor es den Endpunkt erreicht. Dieser Endpunkt wird dann zur Ursprungsquelle.”

Wasser, wie seine molekularen Wasserbrücken, verbindet und ist vielleicht gleichzeitig der kulturell kleinste gemeinsame Teiler, wann immer es zu territorialen Kämpfen kommt. Auch auf der Suche nach dem Paradies muss scheinbar nur dem Flusslauf gefolgt werden. Die Verdrängung der Natur hat gerade in Südafrika, aber auch in vielen anderen Teilen der Welt, zur Wasserknappheit beigetragen, die es nun retrospektiv zu überwinden gilt. „Der Wert von Wasser muss erkannt werden. Südafrikas Gesellschaft ist anders aufgestellt als anderorts, es gibt eine klaffende Lücke zwischen arm und reich. Das Day-Zero-Szenario, mit welchem viele Menschen in Südafrika bereits vor der Dürre täglich zu tun hatten, war für die reichere Bevölkerungsschicht neu. Der tägliche Kampf, Wasser zu sammeln, Zugang zu einer Toilette und einfach einen Wohnraum zu finden, der menschenwürdig ist – ich denke diese Botschaft ist essentiell, um zu verstehen, welche Bedeutung Wasser in unserem Leben hat,“ sagt Dr. Carden. Ob und wann eine Umsiedlung der armen Gesellschaftsschicht in ein neues Development umgesetzt werden könnte, ist nicht klar. Ich verlasse das Institut. Es hat aufgehört zu regnen und das Wasser läuft nun in kleinen Strömen den Abhang des Universitätsgeländes am Devil’s Peak hinab. Auch wenn das Wasser nicht aufgefangen wird, holt sich die Natur das Lebenselixier ganz von selbst zurück. Ich hüpfe über die Pfütze der aufgebrochenen Straße – diesmal bleiben die Füße trocken.

Water Works 5 - Langebaan 02

Leseliste 22. März 2020 – andere Medien, andere ThemenBiggies Gürtel, Vernunftpanik, nach Corona und Bravo

Mix der Woche: Maxime RobillardHome Spa statt Home Office