Rache als FarceBerlinale 2018: „Los Débiles“ von Raúl Rico und Eduardo Giralt Brun

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Fotos: © Diego Rodríguez

Ein Rachedrama als Portrait der mexikanischen Peripherie: „Los Débiles“ sonnt sich in Ambivalenz.

Ein Diner im mexikanischen Nirgendwo: Hier gerät Victor an das Mitglied einer lokalen Jugendgang. Was sich zwischen ihnen ereignet ist höchstens eine Bagatelle, doch in deren Nachgang tötet jemand Viktors Hunde. Woraufhin dieser ein Gewehr aus dem Schuppen holt und sich aufmacht, die Tiere zu rächen. Der Plot mag unwillkürlich an die Filme der John-Wick-Reihe erinnern, doch viel konträrer als Los Débiles könnte ein Rachefilm eigentlich kaum inszeniert sein.

Ein Quasi-Roadmovie, das sich lange nicht zwischen Genrefilm und Farce entscheiden will.

Das Debüt der Mexikaner Raúl Rico und Eduardo Giralt Brun setzt auf einen Rächer, dem nichts Gefährliches anhaftet. Sein Gesicht trägt jungenhafte, ganz und gar unschuldige Züge. Meist ist es von einem tief sitzenden LA-Dodgers-Cap verhüllt. Auch sonst ist Victor ein verschlossener Typ. Etwas unbeholfen tappt er durch diesen stillen Film, ein Quasi-Roadmovie, das sich lange nicht zwischen Genrefilm und Farce entscheiden will.

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Immer auch Satire

Victors Weg zum vermeintlichen Endgegner vollzieht Genre-gerecht eine Figur des Einkreisens in Etappen: In Frakturschrift gehaltene Zwischentitel versprechen Martialisches, doch Eruptionen der Gewalt bleiben aus. Stattdessen trifft Viktor auf stereotype Figuren – ein verstrahlter Tätowierer, ein sendungsbewusster Black-Metal-Fan, ein arroganter US-Amerikaner –, die zwar ihre narrativen Aufgaben erfüllen (sie führen Viktor jeweils einen Schritt näher zur gesuchten Gang), deren Figuren jedoch oft bis zur Lächerlichkeit überzeichnet sind. So ist Los Débiles immer auch Satire: Der Film verpflichtet sich einem Genre, das er an keiner Stelle ernst nimmt.

Weil nun die Genrekonventionen hier immer ins Leere laufen, bleibt viel Raum für alltägliche Beobachtungen oder den ein oder anderen politischen Kommentar. Und letztlich entfaltet sich in der offensiven Trägheit des Films auch ein allegorisches Potenzial: Die Gehemmtheit der Protagonisten kongruiert mit dem Blick auf ein Mexiko, das wie unter eine Glasglocke darbend zu existieren scheint. Los Débiles ist letztlich eine Durchquerung der mexikanischen Peripherien, eine Welt der Tankstellen und Industriezonen unter gleißendem Sonnenlicht. Hier herrscht eine Bewegungslosigkeit, die sich bis in die Kameraarbeit zieht. In diesem umwerfend nüchternen Setting ist dann nur konsequent, dass der Film mit einem regelrechten Anti-Showdown endet.

Los Débiles (The Weak Ones)
Mexiko, 2018
Regie: Raúl Rico, Eduardo Giralt Brun

Screenings während der Berlinale

Fr, 16.02., 22:00: CineStar 8
Sa, 17.02., 19:30: Kino Arsenal 1
So, 18.02., 22:00: Cubix 9
Do, 22.02., 21:30: CineStar 8

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